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Das Bauerndorf
Groß Köriser Geschichte(n)
Das Bauerndorf um 1850
Verfasser: Friedmar John
Es war die Zeit, als es im Ort noch keine Eisenbahn, keine Autos und keine Autobahn gab. Die
wichtigsten Fortbewegungsmittel waren das Pferdefuhrwerk und die eigenen zwei Beine. Wer sich auf den Seen mit Kahn oder Boot fortbewegen wollte, war auf die eigene Muskelkraft angewiesen. Motorbetriebene Wasserfahrzeuge waren noch unbekannt. Und wer die Wege übers Land als Straßen oder Chausseen bezeichnete, der musste vorausschauende Zukunftsvisionen haben. Die wenigen Verbindungswege zwischen den Orten waren Sandwege, durch die Pferde ihre Lasten ziehen mussten. Eine erste befestigte Straße zwischen Königs Wusterhausen und Märkisch Buchholz (die heutige B 179) wurde 1860 gebaut.
Einwohner und ihre Häuser Groß Köris war damals ein kleines, man möchte sagen verträumtes und unberührtes Dorf. In ihm wohnten vor allem Bauern. Auch Fischer gab es. 1840 hatte der Ort 33 Wohnhäuser (darunter 16 Bauernhöfe) und 249 Einwohner. Die Häuser zu beiden Seiten der Dorfstraße – der späteren Hauptstraße und heutigen Lindenstraße – waren durchweg einstöckige Gebäude, die mit Stroh oder Schilf gedeckt waren. Die etwas reicheren Bauern wohnten in sogenannten Dreiseitenhöfen, bestehend aus Wohnhaus, Stall und Scheune. Ärmere Bauern und andere Einwohner wohnten in Katen, zum Teil mit Anbauten für das Vieh. Die meisten Häuser waren aus Fachwerk und Lehm. Erst langsam setze sich die massive Bauweise durch. Das Dorf erstreckte sich über eine Länge von etwa 400 Metern. Es begann kurz hinter den drei Eichen und endete ein gutes Stück vor der Zugbrücke. Das Haus in der heutigen Lindenstraße Nr. 27 war damals das letzte Haus des Ortes. So wie es sich heute dem Betrachter präsentiert - allerdings ohne Gaube und mit Stroh gedeckt – mag es schon vor mehr als 150 Jahren ausgesehen haben. Inmitten des Dorfes, etwa dort, wo heute die Schulstraße in Richtung See verläuft, befand sich eine Art Dorfplatz. Er war der Mittelpunkt des Dorfes. An diesem Platz befand sich der Dorfkrug (aus ihm entstand später die Gaststätte „Deutsches Haus“). Hier tranken die Bauern ihr Bier, trafen sich die Einwohner zu festlichen Anlässen und zum Tanz und hier verkündete der Ortsvorsteher wichtige Informationen und Entscheidungen. Auch der Dorfkrug war damals ein recht kleines, einstöckiges Gebäude. Der Saalanbau – in dem heute bestehenden zweistöckigen Gebäude – und die Veranda an der Straßenseite sind erst viel später entstanden. Ein Schulgebäude gab es noch nicht. Der Schulunterricht fand in einem „Schulgehöft“ statt, zu dem auch ein Kuhstall und ein Schweinestall gehört haben sollen. Schullehrer war Erdmann Dieu, der Ururgroßvater des Bäckermeisters Peter Dieu. Ein eigenes Schulgebäude erhielt der Ort 1869. Es war die „alte Schule“ (heute Schulstraße 3), ein einstöckiges Gebäude mit einem Schulraum und einer Wohnung für den Lehrer. Das Gebäude besteht nicht mehr, es ist im April 1945 durch Kriegseinwirkungen abgebrannt. An seiner Stelle entstand 1957/58 ein zweistöckiges Wohnhaus. Nicht weit entfernt vom Dorfplatz war der Friedhof. Und in der Nähe des Friedhofs stand der Backofen, in dem die Leute ihr Brot backten, sofern sie nicht zu Hause backen konnten. Landwege und Wasserstraßen auch eine Kirche gab es noch nicht. Wer zum Gottesdienst wollte, musste nach Teupitz gehen und einen Weg von ca. 6 Kilometer zurücklegen. Der Weg nach Teupitz war ein Sandweg, der durch den Wald führte. Der Kiefernwald begann kurz hinter der Zugbrücke. Andere Wege, die den Ort mit dem Umland verbanden, waren der Weg nach Sputendorf (heute Waldeck, ein Ortsteil von Töpchin), der Weg nach Motzen (und von dort weiter nach Mittenwalde) und der Weg nach Pätz (und von dort nach
Königs Wusterhausen). Wer nach Klein Köris wollte, benutzte am besten die Fähre, die (noch bis 1930) zwischen dem Großen und dem Kleinen Moddersee die Wasserstraße kreuzte.
Der Landweg nach Klein Köris war recht umständlich. Er führte über die Wustricker Wiesen und über Löpten. Erst nachdem 1896 die Chaussee gebaut war, gab es die heutige direkte Straßenverbindung. Durch das Luch südlich des Großen Moddersees soll es bis dahin lediglich einen Knüppeldamm gegeben haben. Der Ort war von Wald, Wiesen und Seen umgeben. Unmittelbar am Ort lag der Große Moddersee, in früheren Zeiten als Dorfsee oder auch Hornungsee bekannt. Der Schulzensee, der heute inmitten des Ortes liegt, befand sich seinerzeit ein ganzes Stück außerhalb des Ortes. Außerhalb des Ortes lag auch die Zugbrücke, sie befand sich etwa 200 Meter hinter den letzten Häusern. Sie war 1786 auf Anforderung des preußischen Königs, dem damaligen Besitzer des Schenkenlandes, gebaut worden.
Neben der Zugbrücke, auf der vom Dorf abgewandten Seite, stand das Brückenwärterhaus. Der „Brücken- und Grabenwärter“, so seine amtliche Bezeichnung, bediente die Brücke, um Kähne und Flöße durchzulassen und kassierte das „Grabendurchfahrtsgeld“. Gleichzeitig war er der königliche Förster, weshalb das Brückenwärterhaus im Volksmund mitunter noch heute als Forsthaus bezeichnet wird. Der Wilhelminenhof und andere Höfe außerhalb des Ortes, knapp 2 Kilometer nordöstlich vom Dorfkern entfernt, befand sich der Wilhelminenhof. Er war ein großes Gut, das sich in nahezu jeder Hinsicht von den übrigen Groß Köriser Bauernhöfen unterscheidet. Wer den Wilhelminenhof gegründet hat, liegt im Dunkeln. Nach mündlichen Überlieferungen soll er 1753 gegründet worden sein. Das war die Zeit, in der der Preußenkönig Friedrich II. (der Große) seine historisch bekannten Maßnahmen zur Entwicklung der Wirtschaftskraft des Landes plante und durchsetzte. Es war die Zeit, in der unter anderem das Oderbruch entstand und in der die Seen zwischen Teupitz und Groß Köris durch Kanäle miteinander verbunden wurden und die Teupitzer Wasserstraße entstand. Und es war die Zeit, in der vielerorts durch Rodungsmaßnahmen die landwirtschaftliche Nutzfläche des Preußenlandes zur Steigerung der Nahrungsmittelerzeugung vergrößert wurde. Die großflächigen Waldrodungen zur Urbarmachung des Geländes für den Wilhelminenhof und die großräumige, in der Regel rechtwinkelige Anlage der Felder, wie sie bis heute erhalten ist, weisen geradezu zwingend darauf hin, dass es sich um einen großen Grundbesitz eines dominanten Eigentümers gehandelt haben muss. Eigentümer des gesamten Schenkenlandes zum Zeitpunkt der Gründung des Wilhelminenhofes war der preußische König. Was liegt also näher, Friedrich II. als den möglichen Gründer des an die 100 Hektar großen Grundbesitzes
anzusehen? Es muss in diesem Zusammenhang auch erlaubt sein, die Entstehung des Namens „Wilhelminenhof“ nachzufragen. Friedrich II. hatte viele Geschwister. Den engsten persönlichen Kontakt hatte er zu seiner drei Jahre älteren Schwester Wilhelmine. Der schwierige Charakter seines Vaters, wie auch seiner Mutter, belasteten die Königskinder enorm. “Friedrich hatte sich eng an seine Schwester Wilhelmine angeschlossen und beide versuchten, einander zumindest einen Teil der Nestwärme zu geben, die ihnen von den Eltern vorenthalten wurde“.(Feuerstein-Praßer „Die preußischen Königinnen“, Piper 2005, S. 157). Bis zum Tod seiner Schwester blieb Friedrich mit ihr herzlich verbunden. Wir suchen immer noch nach Dokumenten, die uns diese Version über den Wilhelminenhof und seinen Namen bestätigen. Keine Legende, sondern Wirklichkeit ist, dass der Wilhelminenhof im Jahre 1856 dem „Ökonomen Duhmke“ gehörte. 1860 wird er als „Ackergehöft“ bezeichnet, das aus „1 Wohn- und 3 Wirtschaftsgebäuden“ besteht. In ihm wohnten 10 Personen. Damit sind wohl Knechte und Mägde sowie der Verwalter gemeint. Aus Archivunterlagen ist zu entnehmen, dass „…1870 der Kuhstall gebaut wurde“, woraus zu schließen ist, dass auch Rinderaufzucht und Milchwirtschaft betrieben wurde. Außerhalb des Ortskernes gab es einige Bauernhöfe als Streusiedlungen. An der Sputendorfer Straße befanden sich drei Bauernhöfe. Sie wurden 1857 von Wilhelm Ranke erworben. Vier weitere Einzelhöfe befanden sich in der Nähe des Pätzer Hintersees, am sogenannten Ackerplan. Am Rohga, kurz vor dem Abflussgraben des Paddenpfuhls, befand sich ein weiteres Gehöft. Diesen Hof erwarb später der Fiskus und richtete dort die Revierförsterei Groß Köris ein.
Erstveröffentlichung in „Teupitzer Nachrichten“, Jan. bis März 2012.