Kirche Groß Köris/Teupitz

 

Kirche 1918

Die ev. Christus-Kirche in Groß Köris 

Kirche neu

 

Seit 1916 hat Groß Köris eine eigene Kirche.

Dem Historischen Ortslexikon für Brandenburg (Teil IV Teltow, Weimar 1976) ist zu entnehmen, dass Groß Köris seit 1600 in Teupitz „eingekircht“ ist. Wer in die Kirche zur Predigt wollte, musste nach Teupitz gehen. Das bedeutete einen Weg von 6 km, um nach Teupitz zu kommen und noch einmal 6 km Rückweg. Das hatte sich über die Jahrhunderte hinweg so eingebürgert. Ein langer Weg zur Kirche war für die Bewohner kleiner Landgemeinden nicht nur in Brandenburg üblich und wurde als völlig normal angesehen. Groß Köris hatte 1734 105 Einwohner. Niemand wäre auf die Idee gekommen, für 105 Einwohner eine eigene Kirche zu verlangen.

Die Situation änderte sich in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, insbes. mit dem Bau der Eisenbahn und dem Entstehen und dem Wachsen des neuen Ortsteiles rund um den Bahnhof. Hatte der Ort 1840 noch 249 Einwohner, so waren es 1900 schon 581. Und dieser Prozess setzte sich fort. Mit der Ansiedlung neuer Bewohner wuchs das Bedürfnis nach einer eigenen Kirche. Ein gleiches Anliegen gab es in den Nachbargemeinden Klein Köris und Löpten, die ebenfalls in Teupitz „eingekircht“ waren. Etwa ab 1900 versammelten sich die Kirchgänger einmal im Monat im Klassenzimmer der Schule, um die Predigt zu hören. Das konnte aber nur eine vorübergehende Notmaßnahme sein. Deshalb nahm die Gemeindeverwaltung in den Jahren 1901/02 mit der Provinzialverwaltung Verhandlungen zum Bau einer Kirche für die drei Orte auf.

In einem Schreiben v. 1.11.1901  richtete die Gemeinde Groß Köris die Bitte an „die Kaiserliche Majestät“, der Gemeinde einen Bauplatz „von der königlichen Forst“ für den Bau einer Kirche „als Geschenk zu bewilligen“. Unterzeichnet ist dieses Schreiben vom Gemeindevorsteher Grubert und den beiden Schöffen Hainke und Wilke. In einem Schreiben der Provinzialverwaltung an die königliche Regierung v. 20.9.1905 wird der Bau einer Kirche für die drei Gemeinden als „dringend notwendig“ unterstützt. Dort heißt es u.a.: In Groß Köris und in Klein Köris  „finden allmonatlich Gottesdienste im Schulhaus statt, die aber völlig ungenügend sind; das Schulzimmer reicht vielfach nicht aus; die Erwachsenen müssen auf den für Schulkinder bestimmten Bänken Platz nehmen“.

Dem ursprünglichen Plan der Gemeinden, einen Bauplatz als kaiserliches Geschenk zu erhalten, wurde nicht entsprochen. „Eine unentgeltliche Hergabe von Grund und Boden ist nach Mitteilung der königlichen Hofkammer gesetzlich unzulässig.“ Daraufhin haben sich die drei Gemeinden bereit erklärt, einen Bauplatz unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Vorgeschlagen wurde ein Grundstück in Groß Köris an der neu gebauten Chaussee (jetzt Berliner Straße), und zwar dort, wo sich heute der Mucher Platz befindet (etwa zwischen dem neuen  Gerätehaus der Feuerwehr und dem Raiffeisengeschäft). Die Provinzialregierung war damit einverstanden. „Wenn das Grundstück auch nicht im eigentlichen Dorf gelegen ist, so liegt es doch nicht isoliert, sondern unter den Ausbauten des Dorfes, an der Stelle, wo der Hauptverbindungsweg zur Chaussee in diese mündet, und nach einer Richtung hin, nach der sich das Dorf seit der Umlegung des Bahnhofes ausdehnt. Für die Kirchenbesucher  von Klein Köris und Löpten ist die Lage verhältnismäßig günstig. Der Platz empfiehlt sich auch durch eine geringe Erhöhung“.

Allerdings wurde die Kirche nicht an dem ursprünglich vorgesehenen Platz gebaut, sondern etwa 300 m weiter nördlich in Richtung zum Dorf. Die Gründe für die Veränderung des Standortes gehen aus den uns vorliegenden Unterlagen nicht hervor. In einem Schreiben der Provinzialverwaltung heißt es, dass der ursprünglich in Aussicht genommene Bauplatz durch die drei Gemeinden geändert worden ist und ein anderer  „unmittelbar an dem Dorf gelegener“ gewählt wurde. Dieses Grundstück hatte die Gemeinde Groß Köris für 6000 Mark erworben und für den Kirchenbau zur Verfügung gestellt. Im Oktober 1907 wurde dem Leiter  des Bauamtes bei der Provinzialverwaltung, „Baurat Büttner“, der Auftrag erteilt, „für den beabsichtigten Kirchenbau eine Skizze zu entwerfen“.

Die weiteren Verhandlungen zogen sich bis 1913/14 hin. Das Hauptproblem war die Finanzierung des Kirchenbaues. Als Baukosten waren 1905 30000 Mark veranschlagt worden. An diesen Kosten wollten sich die drei Gemeinden mit insgesamt 8300 Mark beteiligen (Groß Köris mit 5000, Klein Köris mit 3000, Löpten mit 300 Mark). Seitens der Provinzialverwaltung gab es den Vorschlag, dass sich der Fiskus mit 5000 Mark beteiligt (Das Gut in Löpten unterstand der königlichen Hofkammer, und mit der genannten Summe sollte der Beitrag des Gutsbezirks Löpten zum Kirchenbau abgegolten sein). Die Provinzverwaltung ging davon aus, „ … die Restsumme aus anderen Fonds und durch Erbittung eines  Allerhöchsten Gnadengeschenks erhalten zu können“.

In den folgenden Jahren stellte sich heraus, dass die 1905 veranschlagte Kostensumme viel zu niedrig war. Aus einem Schreiben der königlichen Regierung v. 4.5.1911 an den Landrat des Kreises Teltow geht hervor, dass der Kirchenbau 60000 Mark kosten soll, davon aber erst 18000 Mark gedeckt sind. Die Gemeinden hätten „ein Allerhöchstes Gnadengeschenk von 40000 Mark“ erbeten, „ … dessen Bewilligung der Herr Minister in dieser Höhe als ausgeschlossen bezeichnet hat“. Offensichtlich haben auch Sammlungen bei den Ortsbewohnern nicht das erwartete Resultat erbracht. Es liegt ein Schreiben der Provinzialverwaltung vom April 1911 vor. Dort heißt es, dass vom Pfarrer Rothe bisher etwa 1150 Mark gesammelt worden sind. Das wurde als kein befriedigendes Ergebnis gewertet.

Insgesamt wird deutlich,  dass die Finanzierungsprobleme  sehr ernster Natur waren. Die Provinzialregierung schätzt im April 1911 die Situation wie folgt ein: „Die Gewährung eines Gnadengeschenks müssen wir als dringend wünschenswert bezeichnen. Wir sehen darin das einzige Mittel, die Kirchenbauverhandlungen, welche sich nun mehr als 10 Jahre hinziehen, zu einem günstigen Abschluss zu bringen. Dass die Gemeinden die Mittel aus eigener Kraft oder durch Sammlungen zusammenbringen, halten wir für ausgeschlossen, nachdem die Bemühungen in den letzten Jahren keinen nennenswerten Erfolg gebracht haben“.

Für die folgenden Jahre stehen uns keine Unterlagen zur Verfügung. Aus einem Schreiben der Provinzialverwaltung v. 21.8.1915 geht schließlich hervor, dass ein Gnadengeschenk von 16000 Mark „endgültig bewilligt worden sei“.

 

Der Baubeginn für die Kirche war am 7.6.1914. An diesem Tag fand die feierliche Grundsteinlegung statt. Architekt und Baumeister war der Oberbaurat Georg Büttner. Er hat das äußere Bild, die Ausstattung der Kirche und hier insbes. die innere Ausmalung entworfen. Er konnte sein Werk jedoch nicht vollenden. Er ist im 1. Weltkrieg gefallen. Der Kirchenbau erfolgte unter der Leitung des Steglitzer Architekten Johannes Palm, der ein jahrelanger Mitarbeiter Georg Büttners war. Das in Nord-Süd-Richtung angelegte Kirchenschiff hatte an seiner Nordseite einen 45 m hohen Turm (mit Turmuhr und Aussichtsplattform). Die Turmspitze wurde durch eine Kugel, eine Wetterfahne (Bauer mit Pflug) und einem eisernen Kreuz abgeschlossen. Ausgestattet ist die Kirche mit einer Orgel und drei Glocken. Die Kirche bietet Platz für 380 Personen.

Die feierliche Einweihung der Kirche fand am 14.4.1916 statt. Mündliche Überlieferungen besagen, dass es sich um eine eindrucksvolle Zeremonie gehandelt haben soll. Die hier vorhandenen Archivunterlagen enthalten leider keine Informationen darüber.  Im Pfarramt Teupitz ist jedoch die mit der handschriftlichen Widmung der damaligen Kaiserin Auguste Viktoria versehene Bibel erhalten, die der Groß Köriser Kirche anlässlich der Einweihungsfeierlichkeiten als Geschenk überreicht wurde.

Allerdings hatte die Kirche zunächst noch keine Glocken. Das war  kriegsbedingt. Der Bau von Waffen hatte im Krieg Vorrang. Die Einweihung der ersten beiden Glocken erfolgte 1922, die der dritten Glocke 1927. Am Bau der Kirche waren auch Groß Köriser Gewerbebetriebe beteiligt: August Wiemann mit Maurerarbeiten, Heinrich Munzel mit Tischlerarbeiten, Karl Zander mit Schmiedearbeiten, Paul Franke mit Schlosserarbeiten, Brehmer mit Gärtnerarbeiten und Fr. Urban mit der Baubereinigung.

Am 22.5.1916 wurde die Bauabrechnung vorgelegt. Aus der „Gesamtabrechnung zum Kirchenbau in Groß Köris“ geht hervor, dass die Baukosten insgesamt 65.451,42 Mark betrugen (ohne Glocken und ohne die Kosten für das Baugrundstück). Aus den vorliegenden Unterlagen ist nicht  ersichtlich, wer  mit welchen Beträgen zur Finanzierung beigetragen hat. Aus der Bauabrechnung geht lediglich hervor, dass für die Orgel 2000 Mark, für die Turmuhr 1000 Mark und für den Taufstein 200 Mark gestiftet worden sind.

 

Die Verwaltung der neuen Kirche und die Betreuung der Groß Köriser Gläubigen erfolgten auch nach dem Bau der Kirche durch das Pfarramt Teupitz und die dort tätigen Pfarrer. Gottesdienste, Taufen, Hochzeiten und andere mit der Wahrnehmung des christlichen Glaubens verbundene Handlungen erfolgten in den Jahren 1916 bis 1956 durch die jeweiligen in Teupitz ansässigen Pfarrer. Das waren die Pfarrer Rothe (1907 bis 1936), Großmann und Teichert. Ab 1956 hatte Groß Köris einen eigenen Pfarrer und ein eigenes Pfarramt. Als Groß Köriser Pfarrer waren tätig:

                    1956 bis 1961 Pfarrer Orphal (wohnhaft Pätzer Str. 14),

                    1963 bis 1977 Pfarrer Riebecke (wohnhaft Pätzer Straße 14),

                    1979 bis 1997 Pfarrer Weise (wohnhaft zunächst Berliner Str. 84 und 76, ab 1983 Lindenstr. 5).

In den dazwischen liegenden vakanten Zeiten übernahmen die Teupitzer Pfarrer die Betreuung der Groß Köriser Gläubigen.

Ein eigenes Pfarrhaus hatte Groß Köris ab Dezember 1982. Es wurde auf dem Grundstück Lindenstraße 5 gebaut. Es ist ein Geschenk der Kirchen der Bundesrepublik Deutschland. Vorher gab es angemietete Wohnungen für die Pfarrer, die zugleich der Sitz des Pfarramtes Groß Köris waren.

Seit 1997 erfolgen die Verwaltung der Kirche und die Betreuung der Groß Köriser Gläubigen wieder durch das Pfarramt Teupitz und die dort tätigen Pfarrer. In den Jahren nach 1997 war zunächst Pfarrer Klassohn, seit 2005 ist die Teupitzer Pfarrerin, Frau Brigitte Müller-Lindner, für die Verwaltung der Groß Köriser Kirche und die Betreuung der Groß Köriser Gläubigen tätig.

Über die Ortsgrenzen hinaus bekannt geworden ist die Groß Köriser Kirche vor allem wegen ihrer Innenausmalung. Besonders der sich über das Kirchenschiff erstreckende Sternenhimmel und die farbenfrohe Ausmalung der Empore zogen und ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Die 1916 erfolgte Ausmalung der Groß Köriser Kirche ist die letzte und umfangreichste Büttnerausmalung in der Zeit des Jugendstils in Berlin und Brandenburg. Wegen dieser Ausmalung wurde die Kirche 1994 unter Denkmalschutz gestellt. In der Begründung heißt es, dass dieser Baustil architektonische Bedeutung hat, eine wichtige  Bedeutung der Kirche in ihrer baukünstlerischen Qualität liegt und der Gesamtbau im Äußeren wie im Inneren eine anspruchsvolle und bis ins Detail abgestimmte Ausführung erfahren hat.

Die ursprüngliche Ausmalung der Kirche wurde 1960 im Zusammenhang mit erforderlichen Renovierungsarbeiten monochrom übermalt. In den Jahren 2006 bis 2010 wurde der ursprüngliche Zustand der Innenausmalung wieder hergestellt. Insbesondere der wohl einmalige Sternenhimmel fasziniert den heutigen Betrachter. Zur „Langen Nacht der offenen Kirchen“ am 12.6.2011 besuchte eine Gruppe interessierter Kirchenfreunde die Groß Köriser Kirche. Die MAZ v. 14.6. 2011 berichtet über diesen Besuch und stellt fest, dass die Besucher  insbesondere vom Sternenhimmel und den Innenbildern beeindruckt waren. „Sie raunen leise beim Eintreten in die Kirche und lassen den Blick entlang der farbigen Deckenbemalung schweifen“. Die Erneuerung der Innenausmalung wurde möglich, weil sich  viele Kirchenfreunde mit Spenden an der Finanzierung beteiligt haben. Dazu wurden die Sterne an der Decke des Kirchenschiffes „zum Verkauf“ angeboten, je nach ihrer Größe zu 50, 100 oder 150 Euro. Durch den „Verkauf“ von 110 Sternen (an 87 Personen) konnten rund 17000 Euro Spendengelder eingenommen werden. Die Namen der Spender sind im Vorraum der Kirche auf einer Tafel nachzulesen. Jeder Spender erhielt als Anerkennung eine Urkunde.

Seit ihrer Fertigstellung 1916 war die Kirche den Einflüssen von Wind und Wetter ausgesetzt. Das blieb nicht ohne Folgen. Im 2. Weltkrieg wurde der Turm beschossen, und die beschädigten Stellen mussten ausgebessert werden.  In den letzten Jahrzehnten ist die gesamte Kirche gründlich saniert worden. 1979 wurde das Kirchenschiff  mit Betonsteinen neu eingedeckt. 1981 wurden elektrische Motoren für die Glocken eingebaut (ein Geschenk der Partnergemeinde Düren). 1984 wurde der Turm mit Schiefer gedeckt. Bei dieser Gelegenheit wurde der Turm mit einer neuen Kugel und einem Kreuz aus Chromnickelstahl versehen (ein Geschenk der Fa. Hans Kubitza). 1982 bis 1884 wurde die gesamte Bleiverglasung der Fenster repariert. 1993 bekam die Kirche eine neue moderne Gasheizung. 1996 wurde die im Jahr 1916  von der Fa. G. F. Steinmeyer & Co, Öttingen, gebaute pneumatische Orgel generalüberholt. 2004 wurde das Kirchenschiff mit Biberschwänzen neu eingedeckt. Das war Voraussetzung für die folgende Innenausmalung. Zur Finanzierung der umfangreichen Sanierungsmaßnahmen haben Fördermittel der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg und der Denkmalschutzbehörde des Landkreises, Zuwendungen der Partnergemeinde Düren, aber auch zahlreiche Spenden von Bürgern und Gewerbebetrieben beigetragen. Mit diesen und weiteren Maßnahmen hat sich die Groß Köriser Kirchgemeinde auf das hundertjährige Jubiläum ihrer Kirche im Jahr 2016 gut vorbereitet.

Verfasser: Friedmar John (28.2.2012). Informationen: Archivmaterial, Jörg Stiehl, Brigitte Müller-Lindner.